Dublin III - ein Schicksal,
das auch einige unserer Asylbewerber in der Gemeinde betrifft

Wie bereits im 'Neuen Tag' angekündigt, wollen wir uns verschiedensten Themen und Problemen widmen, die unsere Gemeinde betreffen.

Ein Thema, das wir mit unserem ersten Artikel aufgreifen wollen, betrifft die aktuelle Situation eines großen Teils der Asylbewerber in Bayern. Dargestellt wird dies an drei konkreten Beispielen syrischer Flüchtlinge, die seit Juli letzten Jahres hier in der Gemeinde Luhe-Wildenau leben.

 

Ein Asylverfahren wird in dem EU-Land durchgeführt, auf dessen Boden der Flüchtling zuerst seinen Fuß setzt. Stimmt allerdings in der Realität nicht ganz. Einige Länder registrieren die Flüchtlinge nicht, sondern schicken sie gleich wieder weiter. Für diese Flüchtlinge  ist dann das Zielland, zum Beispiel Deutschland, für das Asylverfahren zuständig.

 

Da Deutschland auf allen Seiten von EU-Ländern umgeben ist, müsste ein Flüchtling schon vom Himmel fallen, um nicht durch ein anderes EU-Land einzureisen. 


(Bild ) Said, Mohamad, Rakan, Mohamed

Ahmad etwa kam von Syrien über den Libanon, Algerien, Libyen, Italien und die Schweiz nach Deutschland. Das erste EU-Land wäre Italien gewesen. Dort hat man ihn aber schleunigst weiter Richtung Norden verfrachtet. Auch die Schweiz (zwar kein EU-Land) wollte ihn nicht haben, so dass Ahmad nur hier in Deutschland registriert wurde.

Nach sieben Monaten des Wartens, die er fleißig dazu genutzt hat, Deutsch zu lernen, hat er kürzlich seine Anerkennung als Flüchtling erhalten. Ahmad besucht jetzt hier einen kostenlosen Integrationskurs, er darf arbeiten oder eine Ausbildung beginnen. Er möchte Kfz-Mechatroniker werden und ein Ausbildungsplatz ist bereits in Aussicht. Mit ihm hatten bislang noch Ibrahim, Youssef und Said das Glück des gesicherten Aufenthalts. 

Schwerer hat es Rakan. Er reiste über Ungarn ein und wurde dort registriert. Einen Tag später konnte er weiterreisen bis nach Deutschland. Er hat lediglich eine sogenannte Duldung erhalten, da nach dem ersten Asylverfahren in Ungarn, erst einmal festgestellt werden muss, ob hier in Deutschland ein zweites Verfahren aufgerollt wird. Er wird zwar (vorerst) nicht nach Ungarn rücküberstellt, aber das Warten auf einen Aufenthaltstitel für Deutschland beginnt von neuem. Das heißt, er kann die nächsten sechs bis acht Monaten keinen kostenlosen

Sprachkurs absolvieren und eine Arbeit nur nach Genehmigung der Ausländerbehörde sowie einer zentralen Arbeitsvermittlungsstelle aufnehmen. In der Realität heißt das, er bekommt eine Arbeitsstelle nur, wenn sich dafür kein Deutscher oder EU-Bürger findet. Übrigens möchte er gerne Bäcker werden.  

Wen Dublin III aber am meisten trifft, ist Mohamad. Er hatte das Pech an der türkisch-bulgarischen Grenze registriert zu werden. Zudem bekam er erst nach acht Monaten Aufenthalt in Bulgarien ein Reiseticket für die Weiterfahrt. Drei Deutschkurse hatte er in Syrien schon besucht, zwei Onkel von ihm leben seit über 15 Jahren hier  (einer mit deutscher Staatsangehörigkeit) und seine Schwester studiert in der Bundesrepublik Zahnmedizin.

Bulgarien hat einer Rücküberstellung zugestimmt, und nun soll Mohamad in ein Land, das als das ärmste in der EU gilt, dessen Sprache er nicht spricht und dessen Arbeitslosenquote bei über 20%, vor allem bei den Jüngeren, liegt.

Das 6. Semester seines BWL-Studiums konnte Mohamad kriegsbedingt in Syrien nicht mehr vollenden. Zwei Semester hätten ihm bis zum Abschluss noch gefehlt.

Er hat inzwischen einen Bescheid erhalten, indem ihm angedroht wird, ihn nach Bulgarien zurück zu schicken.  Sein Rechtsanwalt hat Einspruch erhoben und nun wartet er wieder.

Ständige Unsicherheit, elf Monate warten und, falls er bleiben darf, wohl auch nur mit einem Duldungsstatus, der ihm den Zugang zu Sprachkursen, Arbeit und Studium verwehrt oder erheblich erschwert.

Mohamad ist traurig und sieht für sich kaum Perspektiven in dieser prekären Situation.

Ausgerechnet ihn trifft es damit am härtesten, der sich bislang am besten integriert hat hier in Luhe-Wildenau. Von Oktober 2014 bis Januar 2015 verrichtete er als Praktikant in der Gemeinde alle möglichen Arbeiten. Er übersetzt und vermittelt zwischen seinen Mitbewohnern, den Behörden, Ärzten und uns Gemeindebürgern. Inzwischen arbeitet er befristet in der Gemeinde.

 

So sieht Dublin III aus, wenn man den Menschen sieht und nicht nur eine Asylbewerber-Akte unter vielen.

Wenn Sie mehr zur Asylthematik wissen wollen schauen Sie doch auf www.oberpfalznetz.de/asylbewerber , www.oberpfalznetz.de/wie-helfen oder www.wir-treten-ein.de

 

Da dies der erste Artikel ist, den wir als Fußvolk14 ins Netz gestellt haben, möchten wir Sie, liebe Gemeindebürger, bitten Ihre Meinungen oder auch Fragen auf unserem 'Mülchbankl' einzubringen. Wir hoffen auf eine rege Beteiligung.

Vielen Dank für die Teilnahme!

 

Susanne Schwab

 

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